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In unserem zweiten Teil der »Original vs. Fälschung«-Serie befassen wir uns mit einem Bauhaus-Designklassiker: der bekannten Wagenfeld Tischleuchte in ihrer Glasversion WG24. Neben der schon im ersten Teil »Eames Armchair« untersuchten Material- und Originaltreue steht hier jedoch ein gravierender Konstruktionsfehler des Plagiats im Mittelpunkt...

Starten wir mit dem schwerwiegenden Unterschied zwischen verführerisch günstigem Plagiat und dem lizensiert hergestellten Designklassiker aus dem Hause Tecnolumen: dem Glasfuß der WG24 Tischleuchte. Mit bloßem Auge ist der Konstruktionsfehler der Fälschung zu erkennen, denn der gesamte, recht schwere Aufbau der Leuchte wird lediglich mit einem einzigen Klebeklecks an der Glasplatte gehalten. Hier braucht keiner lange zu diskutieren, es ist nur eine Frage der Zeit, wann das Klebemittel seine Elastizität verliert und der gesamte Leuchten-Aufbau einfach umkippt und zerschellt.

Schon in seinen jungen Jahren am Bauhaus setzt Wilhelm Wagenfeld auf eine grundsolide Konstruktion: Nicht nur in seinen Bauplänen von 1924 wird die Glasplatte mittig ausgefräst und der aufgesetzte Leuchten-Fuß mittels zweier Inbusschrauben befestigt, auch Tecnolumen verfährt selbstverständlich in der heutigen Produktion originalgetreu im Design.

Wandern wir mit unserem Blickpunkt von der Unterseite auf die Oberseite der Glasplatte: Da der Aufbau der Fälschung nur mit einem Klebeklecks an der Glasplatte befestigt ist, reicht ein simpler Metall-Tubus, um einerseits die Glasführung und die stümperhafte Gewindestange aufzunehmen, andererseits die in der Gewindestange verlaufende Stromzufuhr aus einem grob ausgesägten Loch als Textilkabel herauszuführen. Weitaus komplexer gestaltet Wilhelm Wagenfeld seine Tischleuchte auch oberhalb der Glasplatte, so dass dank ausgeklügelter Verschraubungen keinerlei »unschöne« Details des Fußes im Design offenbart werden und selbstverständlich das Textilkabel mittels einer gesicherten Gummimuffe das Gehäuse verlässt.

Dass die Fehlkonstruktion der Fälschung zu einer auffallenden Schiefe unseres Exemplares führt, lassen wir mal als gelegentlichen Produktionsfehler gelten. Schließlich ist es ungemein schwierig, die schwere Metall-Glas-Konstruktion gerade aufzukleben. Neben der markanten Schiefe weist das Plagiat auch unterschiedliche Abmessungen auf: Die Glasplatte ist kleiner und dünner, die Leuchte insgesamt viel größer, wobei der weiße Glasschirm annähernd gleich groß wie das Original ist, jedoch deutliche Dellen in seinem ebenfalls zweischichtigen Glasaufbau aufweist. Vor allem aber die unterschiedliche Umsetzung der oberen Lampenhalterung an Plagiat und Original: Schon in der Übersicht beider Leuchten ist die unterschiedliche Höhe der metallenen Halterung der weißen Glashaube und der Lampenfassung offensichtlich.

Um den Zugschalter offenbaren sich die Unterschiede auf den ersten Blick: Das Plagiat glänzt in verchromt dicken Tuben mit aufgeschweißter Zugführung und selbstverständlich grüßt auch am oberen Ende des Ständers die Gewindestange als Fehlplanung. Das Tecnolumen Original becirct dagegen in technischer Präzision: Wilhelm Wagenfeld versteckt in seiner Leuchten-Konstruktion keineswegs den technischen Aspekt, sondern zeigt unverhüllt das Metallgewinde der Lampenfassung, die auf den Ständer der Tischleuchte fein säuberlich aufgeschraubt ist. Der Zugschalter vollbringt ein satt angenehmes Einschalten der Leuchte, seine geöste Zugführung und schwere Gegengewichtkugel verhindert ein Kräuseln des Bandes.

Bei der Lampenfassung greift das Plagiat zur standardisierten Lampenfassung aus Kunststoff, die weitaus später entwickelt wurde als das Tecnolumen Original! Das wiederum weist eine originalgetreue Metallfassung mit außen sichtbarem Lampengewinde und isolierendem Keramikboden auf. Selbstverständlich entspricht diese Fassung heutigen technischen Standards wie die zahlreichen Prägungen auf dem Keramikboden verraten. Gravierender wird der Fehlgriff der Fälschung anhand der Metallhalterung für die Glashaube, die einfach in die Kunststofffassung mittels des schraubbaren Plastikringes geklemmt wird. An der originalgetreuen Tecnolumen Tischleuchte ist diese vernickelte Metallhalterung an die Metallfassung fest verschweißt.

Und wieder pfeift das Plagiat auf die Werkstreue und greift zum günstigen Standard: Eine billige Schlitzschraube mit Gummiumhüllung des Gewindes fixiert den Glasschirm. Nur wie man zwischen Lampenfassung und Glashaube mittels Schraubenzieher die moderne Schlitzschraube anziehen soll, bleibt unbeantwortet. Da loben wir uns die originalgetreue Wagenfeld Tischleuchte aus dem Hause Tecnolumen, deren drei Rändelschrauben griffig den Glasschirm justieren und fixieren lassen.

Dass das Plagiat statt einem Schukostecker über einen Flachstecker verfügt, ist angesichts der Tatsache, dass Tecnolumen aus Sicherheitsgründen auch auf einen modern verschweißten Schukostecker zurückgreifen muss, nahezu unerheblich. Viel schwerwiegender als all die aufgezeigten Details im Design bleibt der eingangs erwähnte Konstruktionsfehler der Fälschung (der Klebeklecks!), der unweigerlich über kurz oder lang zu einem Bruch führt. Angesichts dessen ist ein Drittel des Preises für das Plagiat noch viel zu hoch gegriffen. Das letzte Wort in diesem Vergleich geben wir jedoch Wilhelm Wagenfeld, der sich schon in der schnelllebigen Nachkriegszeit über Design, Qualität und Preis auseinandersetzte: »Wir können nicht wirtschaftliche Interessen dulden, die unserem kulturellen Leben widersprechen. Wo wir Dinge produzieren, die wir morgen wegwerfen, weil sie nicht viel kosteten, dann können wir auch keine Musik, keine Architektur und keine Dichtung mehr erwarten, die über den Augenblick hinaus nicht schon vergessen sind. Wir brauchen langlebige Qualitätswaren, (die eine sorgfältige Modellentwicklung voraussetzen).« In diesem Sinne finden Sie das Tecnolumen Original in unserem ikarus...design shop.

539,00 €
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